Ausgrabung im Spiegelhof: Handwerkerviertel aus der Zeit des Heinrichsmünsters

Anlässlich des bevorstehenden Umbaus des Spiegelhofs führte die Archäologische Bodenforschung 2018 ein aussergewöhnliches Grabungsprojekt in der Basler Altstadt durch. Unter dem Spiegelhof fanden sich die gut erhaltenen Reste eines rund 1000 Jahre alten, von Handwerk geprägten Stadtviertels, die zur international bedeutenden Fundstelle „Basel-Petersberg“ gehören. Die ergebnisreichen Grabungen wurden Anfang Februar fristgerecht abgeschlossen.

Die inzwischen abgeschlossenen Grabungsarbeiten im Spiegelhof lieferten neue Erkenntnisse zu den Produktionsprozessen einer hochmittelalterlichen Gerberei.

Bei den archäologischen Untersuchungen in der ehemaligen Einstellhalle des Spiegelhofes kamen viele wichtige Funde von der Spätantike bis zur Neuzeit zum Vorschein. Höchst aufschlussreich waren die Siedlungsspuren aus dem 11./12. Jahrhundert, die ein neues Bild von den bis anhin weitgehend unbekannten Anfängen der mittelalterlichen Stadt Basel vermitteln. Sie ermöglichen darüber hinaus einen vertieften Einblick in die Produktionsprozesse des Gerberei- und Schuhmacherhandwerks der damaligen Zeit. Dank des immer feuchten Bodens haben sich nicht nur die Schwellbalken von Holzgebäuden, Flechtwerk und hölzerne Wasserkanäle, sondern auch unzählige kleinere und grössere Lederreste u. a. von Schuhen erhalten. Dicke Ascheschichten und eine Vielzahl an Tierknochen geben deutliche Hinweise, dass am Petersberg nicht nur Schuhe und andere Lederwaren hergestellt, sondern in unmittelbarer Nähe auch das Leder dafür gegerbt worden ist. Zudem konnten auch Reste des metallverarbeitenden Handwerks nachgewiesen werden.

Die Funde ergänzen damit die bereits beim Bau des Spiegelhofes in den 1930er Jahren aufgedeckten Befunde: Auch damals kamen unzählige einmalige Funde aus organischen Materialien, wie Holz und Textilen sowie über 1000 Lederfunde zum Vorschein. Zudem konnten mehrere Holzgebäude und Teile der  Infrastruktur des Quartiers wie Gassen, Brunnen, Leitungskanäle, Zäune, Öfen usw. dokumentiert werden.

Die untersuchten Holzgebäude aus der Zeit des 11./12. Jahrhunderts befanden sich am damals wahrscheinlich noch nicht befestigten Birsig. Die Nähe zum Wasser und die Versorgung mit Frischwasser sowie die verkehrstechnisch ideale Lage in Nähe zum Rhein bzw. zum Strassennetz in Richtung Elsass boten ideale Voraussetzungen für die Ansiedlung von Werkstätten und Produktionsbetrieben.

Das Heinrichmünster war Sinnbild für die damals aufstrebende Stadt am Rheinknie. Kaiser Heinrich II., der den Bau des zweiten Basler Münsters stiftete, war mit seiner Gemahlin Kunigunde bei der Weihung des Münsters im Jahr 1019 persönlich anwesend. Das 11. Jahrhundert war eine Zeit des allgemeinen Aufschwungs: Für Basel setzte als freie Reichstadt eine neue Ära ein. Es erhielt das Münzrecht und Bischof Burkhard, der als Bischof nicht nur das geistige Oberhaupt des Bistums, sondern auch weltlicher Stadtherr Basels war, initiierte den Bau der ersten Stadtmauer.

Das unter dem Spiegelhof ausgegrabene Viertel lag innerhalb der um 1080 errichteten ersten Stadtmauer. Diese frühen Handwerksbetriebe am Birsig nutzten und beflügelten den wirtschaftlichen Aufschwung der mittelalterlichen Stadt Basel. Ohne diese wirtschaftliche Basis wäre der Bau des imposanten Heinrichsmünsters auf dem Münsterhügel, dessen Weihe mit dem 1000jährigen Jubiläum dieses Jahr gefeiert wird, kaum möglich gewesen.

Hinweise:

Bildlegenden

Bild 1: Die inzwischen abgeschlossenen Grabungsarbeiten im Spiegelhof lieferten neue Erkenntnisse zu den Produktionsprozessen einer hochmittelalterlichen Gerberei. Foto: Adrian Jost, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt.

Bild 2: So stellen sich die Archäologen das von Handwerk geprägte Stadtviertel am Ufer des damals noch unbefestigten Birsig vor. Bild: Adriel Lingner, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt.

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